Dienstag, 23. Juli 2019
22.Juli 2019
Ein spannender Tag mit ungewöhnlichen Erlebnissen!

Zunächst ging das so los:



"Bilder von geraden Straßen hatten wir schon!", werdet ihr sagen, aber diese war besonders gerade. Nachdem ich Rexburg verlassen hatte, begann gleich hinter dem Ortausgang diese Straße. Die ersten 100 km waren nur gerade, ohne jede Kurve. Danach ging es weiter gerade bergauf und zwar ganz schön steil! Nach weiteren 30 km plötzlich das Schild "Summit of Gilmore Pass" und eine Höhenangabe 4950 ft. Ich war von den Socken. Mein erster Pass bei dem ich ohne jede Kurve auf 1800 m Höhe gefahren war! Jetzt kommt der Hammer: es ging genauso gerade die nächsten 20 km auch wieder herunter. Der erste Pass des Tages. Mit dem großen Lineal gezogen. Dann, nach 150 km wurde es "etwas" kurviger, doch die Straße zog sich endlos hin bis nach Salmon. Ich überlasse es jedem von euch selbst zu entscheiden, ob ihr diese Erfahrung auch hättet machen wollen.

Aber bloß keine Unachtsamkeit! Hinter einer Kurve 4 - 5 Rinder auf der Straße. Vollbremsung und dann im zweiten Gang mit vollem Horn auf die Rinder zu, dazu das Cowboy-typische "Yippie" so laut ich konnte. Aber das blöde Vieh konnte sich nicht entscheiden, gemeinsam in eine Richtung zu fliehen, sondern verharrte lange mitten auf der Straße. Erst im letzten Moment stoben sie auseinander. Seit Kansas habe ich als Rinder übrigens nur noch Angusrinder gesehen. Das ist noch nicht lange so, denn erst vor ein paar Jahren wurden die Longhorns gegen Angus ausgetauscht, nachdem die Bauer schnell gelernt hatten, dass die Angusrinder zwar wesentlich kleiner sind, aber der Stückpreis und die Fleischqualität wesentlich höher sind. Wozu Weiterbildung in Argentinien so alles nützt.

Auf ein Wort. Ich selber hatte auch völlig falsche Vorstellungen von den Rockies. Ich dachte an die Alpen oder an die Anden, beides Bergketten mit engen gewundenen Tälern. Die Rockies sind da völlig anders. Es gibt 4 - 5 Bergkettenbänder und dazwischen riesige, wüstenartige Hochebenen. Die meisten davon ohne landwirtschaftliche Nutzung. Dort, wo viel Wasser ist, wird Gras und Klee angebaut und in großem Maßstab verkauft. Das Heu ist aber nicht gelb, sondern sehr grün. Enge Täler gibt es nur wenige.

Hinter Salmon ging es dann in so ein enges Tal. Ich war auf meiner Lieblingsstraße, der Route 93 angekommen und wurde sofort mit vielen Kurven und engen Tälern belohnt. Hinein führte ein kurzer, aber sehr schön zu fahrender Pass, hinaus der Sula-Pass, ein steiler, sehr langer Pass mit sehr engen Kurven und Kehren. Da war er wieder, der Drachenschwanz!
Aber die Freude währte nur für die erste Hälfte. Abwärts war der ganze Pass eine riesige Baustelle.
Die Fahrzeuge wurden in Gruppen mit einem Lotsenfahrzeug versehen auf die Reise geschickt. Immer mit 10 Fahrzeugen in einem Trupp. Unterwegs begeneten uns Baufahrzeuge, die den Teer vor Ort brachten auf unserer Spur (die ständig wechselte). Dann kamen uns auch wieder Trupps von Fahrzeugen entgegen, die bergwärts fuhren. Für Autos alles kein Problem. Aber die Straße war auf der kompletten Länge abgefräst, was es für Motorräder sehr schwer macht, die Richtung zu halten. Ständig wirst du in die nächste Frässpur getrieben, das ganze Motorrad ist in der Länge extrem instabil, die Sturzgefahr hoch. Und du musst Anschluss an den Piloten halten, darfst die Gruppe nicht teilen. Ich war froh, als wir unten waren!

Dann öffnete sich das enge Tal wieder, wir folgten einem Bach. Alle gefühlt 100m ein Schild mit "Game crossing". Das sind keine Spielzeugkreuzungen, sondern die amerikanische Bezeichnung für Wildwechsel. Abwechselnd mit dem Schild "Beware of deer!" oder dem Schild mit der gleichen Bedeutung, das einen springenden Hirschen auf einer gelben Pastille zeigt. Internationale Kennzeichen sind Fehlanzeige in den USA! Und tatsächlich: kurz vor Hamilton erlaubt die Straße 70 Meilen. So schnell fährst du bei uns nur auf der Autobahn. Wir fahren als Kolonne. Plötzlich sehe ich am rechten Fahrbahnrand ein kleines Hirschrudel. Ich steige voll in die Eisen, doch der Fahrer hinter mir hatte meine Bremsung verpennt und rauschte auf mich zu. Ich betätigte mein extrem lautes Horn (fragt nach bei Inge) und gab Vollgas, musste aber gleichzeitig an den ganz rechten Fahrbahnrand. Ich hatte in Allem Glück! Der Pickup hinter mir konnte rechtzeitig bremsen und das Hirschrudel sprang ins Gebüsch zurück.

Angekommen bin ich - wie geplant - in Hamilton in Montana, dem 15. Bundesstaat. Drei weitere fehlen nur noch! Die 3. Woche geht heute zu Ende. Vor einer Woche war ich noch in Dodge City.

Gefahrene Pässe: 3 (mit dem Gilmore-Pass)
Heute gefahren: 430 km
Tachostand 106654

10000 km von New York nach Los Angeles

Wundervolle Landschaften ohne Sehenswürdigkeiten, nur 2 Großstädte (Seattle und San Francisco) und hoffentliche viele nette US-Bürger. Das ist die Aufgabe. Und so sieht die Strecke aus: